Crowdfunding

Dieses Thema im Forum "Politik, Umwelt, Gesellschaft" wurde erstellt von zvei, 5. Juni 2011 .

  1. 5. Juni 2011
    Hallo, ich wollte mal wissen was ihr von folgendem Konzept haltet:

    Crowdfunding ist ein Konzept in dem zur Finanzierung eines Projekts jeder, der dieses Projekt verwirklicht haben will, einen Betrag in einen Fond einzahlt. Ist die vorher veranschlagte Summe erreicht wird das Projekt realisiert. Wird die Summe nicht erreicht wird das Geld wieder ausgezahlt oder für andere Projekte verwendet.

    Das ist erst mal das Prinzip. Klingt erst mal nicht spannend.

    Jetzt haben erste Künstler, vor allem Musiker, die unter der Musikpiraterie leiden dieses Prinzip ausprobiert:
    Sie haben gesagt: Wir möchten gerne ein neues Album aufnehmen und so viel Geld brauchen wir dafür. Jeder Fan, der das neue Album haben wollte, konnte nun einen Betrag "spenden", damit das Album produziert wird. Ist der Betrag zur Produktion erreicht wird das Album aufgenommen. Die Fans bekommen dann das Album. Die Band hat ihr Geld und die Fans das Album.
    Eine Plattform dafür ist:
    Spoiler
    sellaband.com
    Im Prinzip verkauft sich eine Band damit selber an die Fans wie eine Art Aktiengesellschaft.

    In der Filmindustrie wird das jetzt auch ausprobiert:
    Deutsche Kinoproduktion: Firmen sammeln Spenden für Erotikfilm - SPIEGEL ONLINE

    So weit ist Crowdfunding nun in der realen Wirtschaft angekommen.
    Hier gibts noch einen Artikel über dieses Konzept:

    wirtschaft.ch - Start der Crowdfunding-Plattform c-crowd - Startup News, Wirtschaft


    Jetzt aber zum interessanten Teil:

    Man könnte dieses Konzept auch nutzen, um in der Wirtschaft und Politik Projekte zu finanzieren.

    Beispiel 1:
    Jemand schlägt vor einen Flughafen zu bauen. Jeder der den Flughafen haben will zahlt in den Fond. Ist die zum Bau benötigte Summe erreicht wird der Flughafen gebau. Wenn nicht, dann nicht. Keine Banken, keine Kredite würden theoretisch benötigt werden.
    Im Prinzip kaum was neues, denn bei jedem Projekt werden Sponsoren gesucht und gefunden (z.B. durch Aktienverkauf). Doch der Unterschied ist, dass jeder, selbst mit den kleinsten Beiträgen, etwas mit finanzieren und davon profitieren kann. (Bei Aktien müsste man immer mindestens eine Aktie zu einem mindest Preis kaufen)

    Beispiel 2:
    Es gibt Arbeitslose Menschen. Jemand schlägt vor für 1 Jahr Arbeitslosengeld zu zahlen und das in einer bestimmten höhe. Dafür wird eine bestimmt Summe an "Spenden" benötigt. Wird die Summe erreicht gibt es das Arbeitlosengeld für ein Jahr. Kommt die Summe nicht zustande, dann wird das Arbeitslosengeld entsprechend herabgestuft je nachdem wie viel gespendet wurde. Spendet keiner, gibt es kein Arbeitslosengeld. Nach einem Jahr muss das Projekt wieder für ein Jahr finanziert oder eben nicht.

    Folgendes habe ich mal in einem Artikel gelesen. Das ist schon länger her und ich finde den leider nicht mehr.
    Es gibt zwei Männer die versuchen durch Satire und maßlose Übertreibung Abgründe der Gesellschaft zu demonstrieren. In dem Artikel stand, dass sie sich als Redner auf einem Wirtschaftskongress eingeschlichen haben. Dort hielten sie eine Rede darüber, wie man mit Crowdfunding politische Anteile kaufen könnte. In Ihrem Konzept konnte man mit Geld an einer Art Börse mit politische Stimmen im Parlament handeln. Firmen könnten auf diese Weise sich quasi für eine bestimmte Abstimmung Stimmen kaufen. Eine Firma könnte mit viel Geld auf diese Weise Umweltschutzgesetze oder lockern oder gar abschaffen.
    Das ist natürlich ein erschreckendes Szenario, aber einige Firmenvertreter haben das für real gehalten und haben die Satire nicht verstanden. Sie sind zu den beiden Männern hingegangen und haben fragen gestellt wie: "Wann wird das kommen?" "Was brauchen Sie für die Realisirung?" "Wie kann man dafür eine Mehrheit beschaffen?"
    Krank!

    Ich persönlich finde das Crowdfunding gar nicht so schlecht. Man könnte über eine Art Börse Projekte finanzieren und "mitentscheiden" was in Deutschland geschehen soll. Das würde vieles transperenter machen. Man bräuchte quasi fast keine Politiker/Parteien mehr. Über jeden einzelnes Projekt, dass man auch selber an so einer Börse "erschaffen" könnte, könnte man selber entscheiden und durch die Höhe der Spenden seine Prioritäten setzen.

    Ein großer Haken daran ist, dass Menschen mit wenig Geld auch automatisch weniger mitzureden hätten. Das gefällt mir gar nicht.

    Was haltet ihr von dem Konzept? Ist es totaler Schwachsinn oder hat es Zukunft?
     
  2. 5. Juni 2011
    AW: Crowdfunding

    Ob diese Finanzierungsmethode ein probates Mittel ist, um die Investitionsquote in einer Volkswirtschaft dauerhaft zu erhöhen, bleibt fraglich. Meine Ausführungen aus einem anderen Forum; Thema war alternative Finanzierungsmethoden ohne den Weg über Banken zu gehen:

    Spoiler

    Für gezielte Projekte kleineren Umfangs mag Crowdfunding funktionieren, also auf kommunaler Ebene. Ob es aber ausreicht, eine Wirtschaft am Laufen zu halten, weiß ich nicht.

    Edit: Hoffe, ihr könnt meine Quotes nachvollziehen, mein Einwurf klingt dann doch ein wenig verwirrend, muss ich zugeben...
     
  3. 6. Juni 2011
    Zuletzt von einem Moderator bearbeitet: 15. April 2017
    aW: Crowdfunding

    Stimme Kritiker zu, dass das sicher ne schlaue Idee für bestimmte Bereiche ist, aber es kaum gesamtwirtschaftliche Konsequenzen haben wird.
    Besonders warnen würde ich davor sowas wie soziale Sicherungssyteme per Spenden zu regeln. Dann werden die ohnehin schon stark reduzierten mühsam erkämpften sozalen Rechte der arbeiter in unsichere "Wohltätigkeiten" der Vermögenden verwandelt.

    Um das Problem zu lösen das Kritiker im spoiler behandelt, müsste man schlicht die geeigneten anreize schaffen, damit reale Investitionen für die Unternehmen wieder attraktiver werden. Investiert wird, wenn verkauft wird, verkauft wird, wenn Nachfrage da ist, Nachfrage ist (wieder) da, wenn man die Vermögenskonzentration durch Umverteiung abbaut. Theoretisch eigentlich relativ einfach.
    Das politisch abzusichern und Ähnliches in Zukunft zu verhindern ist aufgrund der immanenten ausbeutung & Krisenhaftigkeit der Marktwirtschaft entsprechend schwieriger.

    Das Ding mit den Projekten und der Vorfinanzierung durch Spenden bzw. Beiträge erinnert mich stark an das Kommunismus-Modell der Peer-Economy. Die Grundzüge sehen so aus:
    Spoiler
    [...]anders als der Markt, der als ex-post-Mechanismus funktioniert, wo die Produzenten unabhängig voneinander entscheiden, was sie produzieren und verkaufen wollen, ist der Pool als ex-ante-Mechanismus gedacht, wo zunächst der gesellschaftliche Bedarf erfasst und dann in eine gesamtgesellschaftliche agenda umgesetzt wird. Es handelt sich um eine permanent aktualisierte gesellschaftliche Bedarfs- und aufgabenliste, die sich aus den Wünschen der Beteiligten ergibt. Die Menschen wünschen sich als Konsument/innen, was sie haben möchten; per Selbstauswahl benennen sich Projekte, die sich grundsätzlich für die Erfüllung bestimmter Wünsche zuständig fühlen und daraus eine Liste der dafür notwendigen aufgaben zusammenstellen; sofern es innerhalb des jeweiligen Projekts nicht schon Beteiligte gibt, die sich um die entsprechenden aufgaben kümmern können, trägt es die aufgaben dann wiederum in die öffentliche aufgabenliste des Pools ein. als Produzent/innen übernehmen die Menschen (per Selbstauswahl) aufgaben, die ihnen interessant erscheinen und für die sie sich kompetent fühlen, und beteiligen sich dabei an einem oder mehreren Projekten (in abstimmung mit den anderen Mitgliedern dieser Projekte).
    Die Kopplung zwischen Nehmen und Geben kommt dadurch zustande, dass Projekte den zur Güterproduktion nötigen aufwand (d.h. den Umfang der erledigten arbeiten, siehe unten für mehr) erfassen und anteilig an die Konsument/innen ihrer Güter weitergeben. Im Fall des proportionalen allokationsmodells wird dabei erwartet, dass die Konsument/innen jeweils ihren anteil des Produktionsaufwands dem Pool ,,zurückgeben", indem sie ihrerseits aufgaben im gleichen Umfang für den Pool erledigen (in beliebigen Projekten ihrer Wahl). In diesem Modell hängt der Umfang der individuellen produktiven Tätigkeit daher vom Umfang des individuellen Konsums ab: Je mehr bzw. aufwändiger man konsumiert, desto mehr soll (oder muss - ob die Kopplung zwischen Geben und Nehmen eher empfehlenden oder eher verpflichtenden Charakter hat, ist für das Grundverständnis der Modelle irrelevant) man selbst zum Pool beitragen, d.h. für andere tun. [...]
    Die in Siefkes (2007: Kap. 4.3.3 u. anhang) skizzierte Idee ist daher, Gewichtungen für unterschiedliche aktivitäten zu ermitteln und für die aufwandsberechnung jeweils gewichtete arbeitszeiten zugrunde zu legen. alle aufgaben haben zunächst das Gewicht 1, aber wenn es nicht genügend Leute gibt, die eine aufgabe übernehmen wollen und können, wird ihr Gewicht schrittweise erhöht, mit dem Ziel, die Erledigung dieser aufgabe für mehr Leute attraktiver zu machen. Der für die Erfüllung einer aufgabe angerechnete aufwand ergibt sich aus der arbeitszeit multipliziert mit dem Gewicht der aufgabe - eine Stunde einer weniger attraktiven aufgabe mit Gewicht 2.0 entspricht zwei Stunden einer attraktiven aufgabe mit Gewicht 1.0.
    Falls da jemand drüber diskuieren will, bietet sich aber eher der Kommunismus-Thread an.
     
  4. 6. Juni 2011
    AW: Crowdfunding

    Hier mal mein erster Gedanke dazu,
    innerhalbder Künstler-klitsche macht das meiner Meinung nach Sinn,
    allerdings innerhalb der Wirtschaft dein Beispiel Flughafen, würde das doch nur
    wieder bedeuten, das Leute die Geld haben irgendwelche Leute vertreiben dürfen,
    die vielleicht schon seit was weiß ich wie vielen Jahren dort mit Land
    und Umwelt in Eintracht Leben. Von daher finde ich das nicht so dolle,
    denn es würde wieder mal die Demokratie ver bzw. Behindern und
    möglicherweise zu Unmenschlichkeit führen.


    grüz
    KK
     
  5. 6. Juni 2011
    AW: Crowdfunding

    eine sehr interessante idee das crowdfunding.

    für kleinere projekte sicher sehr interessant, aber für großprojekte wie z.b einen flughafen eher nicht zu gebrauchen wie ich finde.

    mir kam allerdings dabei gerade der gedanke zur energiewende.

    es wird geld für die neuen kraftwerke etc gebraucht ergo könnte man crowdfunding zum teil für die finanzieren benutzen.

    ich investiere quasi in z.b einen neuen windpark der so oder so gebaut werden muss, und je nach höhe meiner investition bekomme ich einen garantierten strompreis über eine bestimmte sich der investition anpassenden laufzeit.

    als beispiel:

    ich investiere 1000 euro und bekomme für z.b 10 jahre einen günstigen garantierten strompreis.

    ich muss mir dann über einen zeitraum von 10 jahren keine sorgen um eine strompreis erhöhung machen und die energie riesen brauchen zum teil nicht über banken etc finanzieren und müssen weniger geld bereit stellen.
    haben aber dennoch den kunden der investiert hat (warscheinlich) für die laufzeit als kunden und feste einnahme quelle.

    natürlich müsste man da ein gutes btw faires angebot je nach größe der investition etc erstellen aber man hätte eine gute win-win sitiuation.

    auch firmen würden davon profitieren.

    hab ich eine fabrik z.b die einen hohen energie verbrauch hat so kann ich investieren und somit meine kosten für einen langen zeitraum senken. bei einer einmaligen investition.

    wenn man dafür dann noch ordentlich die werbe trommel rühren würde und das mit dem neuen umwelt trend der erneuerbaren energien anpreist mit einem guten angebot so können die energie unternehmen genauso wie die kunden davon profitieren.

    das war mein gedanken gang als ich gerade über die idee des crowdfunding nachgedacht habe.
     
  6. 6. Juni 2011
    AW: Crowdfunding

    Speedi! Absolut richtig. Gerade in der Energiewirtschaft, wo ja jetzt die Atommeiler abgeschaltet werden sollen, wäre das eine gute Möglichkeit zur Finanzierung. Vor allem ist das irgendwie konkreter, als wenn ich jetzt Aktien von einer Solar oder Windenergiefirma kaufe.
     
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