Bullet-Ameisen: Rätsel um 'schmerzhaftesten Insekten-Stich der Welt' gelöst

ForscherInnen aus Australien haben herausgefunden, dass einige der schmerzhaftesten Ameisenstiche durch Nerven angreifende Neurotoxine verursacht werden. Im Gegensatz zu Schlangen- und Skorpiongiften wirken Ameisengifte auf bisher unbekannte Weise auf den Körper. Die Erkenntnisse der Studie tragen dazu bei, unser Verständnis von Schmerzen zu verbessern und mögliche Behandlungsmöglichkeiten zu erforschen.

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Bullet-Ameisen: Rätsel um 'schmerzhaftesten Insekten-Stich der Welt' gelöst

7. Juni 2023     Kategorie: Wissenschaft
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Obwohl die meisten Ameisenarten Gift produzieren und viele einen schmerzhaften Stich verursachen, wurde bisher wenig Forschung betrieben, um die Mechanismen, die diesen Schmerz verursachen, zu erkunden. Dies liegt größtenteils an der Größe der Insekten, die das Sammeln und Analysieren ihres Giftes kompliziert machen. Die ForscherInnen der University of Queensland haben die australische Grünkopfameise und die südamerikanische Bullet-Ameise untersucht. Beide haben Stiche, die starke, lang anhaltende Schmerzen verursachen.

Die Grünkopfameise ist in ganz Australien, einschließlich städtischer und suburbaner Gebiete, zu finden. Sie nistet gerne unter den meisten Gräsern und bleibt oft unbemerkt, bis jemand gestochen wird, was zu einem scharfen Brennen führt. Die Bullet-Ameise lebt in den feuchten Tieflandregenwäldern in Mittel- und Südamerika. Sie erhielt ihren Namen aufgrund der Schmerzen, die Menschen bei einem Stich empfinden, die sich mit dem Schmerz vergleichen lassen, den man bei einem Schuss empfindet. Ein Bullet-Ameisenstich kann auch schwere Muskelkontraktionen und Brennen verursachen. Der verstorbene amerikanische Entomologe Dr. Justin Schmidt, der einen Schmerzindex für stechende Insekten erstellte, bewertete den Bullet-Ameisenstich als den schmerzhaftesten Insektenstich der Welt.

"Bullet-Ameisestiche können bis zu 12 Stunden schmerzhaft sein, man spürt einen tiefen Bohrschmerz in den Knochen mit Schweißausbrüchen und Gänsehaut, der ganz anders ist als die 10-minütige Auswirkung eines typischen Bienenstichs", sagte Sam Robinson, Hauptautor der Studie. "Wir haben in Australien keine Bullet-Ameisen, aber unsere Grünkopfameisen können auch lang anhaltende Schmerzen verursachen, und viele AustralierInnen haben das schon erlebt."

Forschende haben in einer neuen Studie herausgefunden, dass die Neurotoxine von Ameisen gezielt die Nervenzellen beeinflussen, die Schmerzsignale aussenden. Dazu haben sie das Gift von grünen und Schirm-Ameisen an Mäusen und auf zellulärer Ebene getestet und analysiert.

Die bisherige Forschung hatte bereits ein Poneratoxin, eine lähmende toxische Peptidverbindung, in dem Gift der Schirmameise identifiziert. Dieses beeinflusst Natriumkanäle in Skelettmuskelfasern von Fröschen und Ratten. Eine weitere Studie fand heraus, dass der Schmerz in unserem Körper durch die Wirkung auf Natriumkanäle in den Membranen unserer sensorischen Nervenzellen entsteht. Diese Kanäle erlauben die Übertragung von Informationen von Schmerzrezeptoren im peripheren Nervensystem zum zentralen Nervensystem.

Die aktuellen Forschungsergebnisse hingegen zeigen nun auf, dass die Schmerz verursachenden Bestandteile des Gifts von Schirm- und grünen Ameisen speziell die Nervenzellen ansprechen, die Schmerzsignale senden. Die Toxine binden dabei an Natriumkanäle in diesen Neuronen und veranlassen diese dazu, sich leichter zu öffnen und länger aktiv zu bleiben. Dadurch wird ein länger andauerndes Schmerzsignal ausgelöst.

Die Peptidtoxine der Ameisen zeigen sich strukturell einzigartig und ihr Wirkmechanismus unterscheidet sich von anderen, auf Natriumkanälen wirkenden Toxinen. Die Forscher betonen, dass dies eine wertvolle Entdeckung für das Verständnis von Schmerz und die Entwicklung neuer Schmerzbehandlungsmethoden ist.

Die Entdeckung zeigt zudem, dass Ameisen schon seit der Zeit der Dinosaurier Neurotoxine als Abwehrmechanismus einsetzen und dass diese eine wertvolle Quelle für die Erforschung von Schmerz auf molekularer Ebene sind.


Die Studie wurde in der Zeitschrift Nature Communications veröffentlicht und das folgende Erklärvideo wurde vom Institute for Molecular Biology der University of Queensland produziert.