Verfassungsgericht beschränkt Nutzung von Verbindungsdaten

Dieses Thema im Forum "Netzwelt" wurde erstellt von zwa3hnn, 6. November 2008 .

  1. 6. November 2008
    Der Zugriff der Sicherheitsbehörden auf gespeicherte Telefon- und Internet-Daten ist vom deutschen Bundesverfassungsgericht erneut eingeschränkt worden. Der Arbeitskreis Vorratsdatenspeicherung begrüßt die Entscheidung aus Karlsruhe.

    Nach einer am Donnerstag veröffentlichten einstweiligen Anordnung dürfen die Telekommunikationsunternehmen solche Daten vorerst nur dann an die Polizei übermitteln, wenn es um die Abwehr einer "dringenden Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit der Person" oder um die Sicherheit des Bundes geht.

    AK Vorrat begrüßt Entscheidung
    Auch für den Datentransfer an Nachrichtendienste gelten Beschränkungen. Damit gab das Karlsruher Gericht einer Gruppe von Beschwerdeführern um den Berliner Anwalt Meinhard Starostik unter der Ägide der Bürgerrechtsorganisation Arbeitskreis Vorratsdatenspeicherung [AK Vorrat] teilweise recht. [Az: 1 BvR 256/08 - Beschluss vom 28. Oktober 2008]

    In einer ersten Reaktion vom Donnerstag begrüßte der AK Vorrat die Entscheidung der Verfassungsrichter. "Nach den Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts vom März und Oktober dieses Jahres sind wir zuversichtlich, dass die exzessive Totalspeicherung unserer Verbindungs-, Standort- und Internet-Daten auch weiterhin schrittweise in sich zusammenfallen wird", schreiben die Bürgerrechtler, die die anlasslose Pauschalüberwachung der Verbindungsdaten für unvereinbar mit den Grundrechten halten.

    Pressemitteilung des AK Vorrat

    Beschränkt auf schwere Straftaten
    Bereits im März hatten die Gegner der umstrittenen Massenspeicherung von Verbindungsdaten mit einen Eilantrag in Karlsruhe teilweise Erfolg gehabt. Danach dürfen die Telefondaten zwar - wie seit dem 1. Januar vorgeschrieben - für sechs Monate gespeichert werden. Einen Zugriff zum Zweck der Strafverfolgung begrenzte Karlsruhe vorerst auf Ermittlungen wegen besonders schwerer Straftaten.

    Die damalige wie auch die neue Anordnung gelten nun für weitere sechs Monate. Mit einer Verhandlung in der Hauptsache wird erst im nächsten Jahr gerechnet, weil Karlsruhe noch auf eine Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs wartet, der derzeit die Rechtsgrundlage für die Speicherpflicht überprüft. Insgesamt haben mehr als 34.000 Bürger Verfassungsbeschwerde eingereicht.

    Backdoor "Gefahr im Verzug"
    Auslöser der neuerlichen Eilentscheidung sind die neuen Polizeigesetze in Bayern und Thüringen sowie das bayrische Verfassungsschutzgesetz. Den dort vorgesehenen Abruf der Daten zur Abwehr drohender Gefahren hat der Erste Senat nun auf gravierende Fälle beschränkt und, außer bei "Gefahr im Verzug", an die Zustimmung eines Richters geknüpft.

    Grünen-Geschäftsführer Volker Beck forderte die Bundesregierung zur Rücknahme der Speicherpflicht auf. Weder die Kundendaten noch die gespeicherten Verbindungsdaten seien bei den Telekommunikationsunternehmen sicher, teilte er in Berlin mit.

    "Weitreichende Erkenntnisse"
    Nach den Worten des Ersten Senats drohten den Bürgern durch die im Gesetz vorgesehene Datennutzung "Nachteile von ganz erheblichem Gewicht". Denn durch den Zugriff auf die Daten könnte die Polizei "weitreichende Erkenntnisse über das Kommunikationsverhalten der Betroffenen" wie auch über völlig unverdächtige Kontaktpersonen erhalten.

    Kritik äußerten die Richter an den Zugriffsbefugnissen von Verfassungsschutz und Nachrichtendiensten. Die gesetzlichen Voraussetzungen, unter denen ihnen die Nutzung der Verbindungsdaten erlaubt sein soll, seien "unscharf und konkretisierungsbedürftig", heißt es in der Begründung.

    Für einen Datenzugriff könnte es bereits ausreichen, dass jemand an einer Veranstaltung einer nicht verbotenen, aber als extremistisch eingestuften Partei oder Gruppierung teilnehme oder nur einen "falschen Ort" aufsuche.

    Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts
    Pressemitteilung des Bundesverfassungsgerichts


    quelle: futureZone.orf.at
     
  2. Video Script

    Videos zum Themenbereich

    * gefundene Videos auf YouTube, anhand der Überschrift.